Hiermit möchten wir darüber informieren, dass eine Initiative mit dem Namen “Aktionsgruppe Anton Leschek” den Wilhelmstädter Platz im Magdeburger Stadtteil Stadtfeld-Ost, am 26. November, den 4. Todestag des Internationalisten Anton Leschek, in “Anton-Leschek-Platz” umbenannt hat. Als Solidaritätsbündnis Kurdistan-Magdeburg begrüßen wir die Umbenenung in Gedenken an den 2018 in Kurdistan gefallenen Internationalisten.
Wir dokumentieren hier die Erklärung der Aktionsgruppe Anton Leschek (Zana Ciwan)
(Ebenfalls abrufbar auf Indymedia unter: de.indymedia.org/node/120065 )
Heute, am 26. November den 4. Todestag von Anton Leschek, haben wir den “Wilhelmstädter Platz” im Stadtteil Stadtfeld Ost in Magdeburg in “Anton-Leschek-Platz” umbenannt.
Anton Leschek war ein junger deutscher Internationalist, der in Bielefeld geboren wurde. Er lebte danach in Magdeburg, von wo aus er beschloss, nach Rojava in Kurdistan-Nordsyrien, zu gehen, um sich dem bewaffneten Kampf gegen den faschistischen Islamischen Staat (IS) anzuschließen und die Revolution von Rojava und die Werte zu verteidigen, für die die verschiedenen dort lebenden Völker kämpfen: radikale und Basisdemokratie, Frauenbefreiung und Ökologie. Er trat 2016 den Volksverteidigungseinheiten von Rojava,der YPG (Yekineyên Parastina Gel), bei. Nach seiner Ausbildung an der internationalistischen Akademie beteiligte er sich am Kampf gegen den IS. Er wurde zusammen mit anderen kurdischen, arabischen und internationalistischen Freiwilligen in der Stadt Manbij eingesetzt. Nach der Befreiung der Stadt vom IS am 15. August 2016 entschieden sich viele internationalistische Freiwillige dafür in der Stadt und in der Nähe zu bleiben, um die lokalen Einheiten in Manbij bei der Verteidigung der Region zu unterstützen. Diejenigen, die den Terror und die Unterdrückung des IS nicht tolerierten, konnten auch die anschließende türkische Besatzung und die Angriffe, die Manbij und Nordsyrien bedrohten, nicht akzeptieren. Anton Leschek (Zana Ciwan) und sein amerikanischer Genosse Michael Israel (Robîn Agirî) gehörten zu den ersten internationalistischen Freiwilligen, die sich entschlossen, in Manbij zu bleiben und sich der türkischen Armee und den ihr angeschlossenen dschihadistischen Terroristen zu widersetzen. Beide wurden bei einem Luftangriff der türkischen Armee gegen ihre Verteidigungspositionen in der Stadt Manbij getötet. Anton Leschek wurde nicht im Kampf gegen Terroristen des Islamischen Staates getötet, er wurde von der Türkei – einem NATO-Land mit NATO-Bomben – ermordet. Die Türkei stellt mit ihrem Präsidenten Erdogan die größte Unterstützung hinter dem Islamischen Staat mit vollständiger Komplizenschaft der USA, Russlands und der Europäischen Union, insbesondere der Bundesrepublik Deutschland dar.
Während die deutsche Politik immer von Demokratie spricht, die hier zwar zumindest in Teilen existent ist, will sie jedoch nicht, dass andere emanzipatorische und demokratische Prozesse in der Welt Erfolg haben, weil dadurch ihr gesamtes kapitalistisches Machtsystem in Gefahr gerät. Die kurdische Freiheitsbewegung hat seit 2012 in Rojava und Nordsyrien sowie in anderen Regionen des Nordirak, wie Shengal und Makhmour, ein selbstorganisiertes demokratisches Modell unter der Bezeichnung Demokratischer Konföderalismus etabliert, das im Nahen Osten und auch weltweit einzigartig ist. In der Föderation von Rojava und Nordost-Syrien wird die Befreiung der Frauen vorgelebt und die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, Religionen und ethnischen Gruppen verwirklicht. KurdInnen, YezidInnen, AssyrerInnen, AraberInnen und TurkmenInnen organisieren sich in Nachbarschaftskommunen und haben ein autarkes ökologisches System von Kooperativen aufgebaut. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es die Kurdischen Volksverteidigungskräfte (YPG), die Frauenverteidigungskräfte (YPJ) und die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) waren, die mit einzigartigem Kampfgeist und fast ohne Hilfe fremder Mächte große Teile Syriens von den bewaffneten Terroristen des Islamischen Staates befreit haben. Doch im Gegensatz dazu machen NATO-Kreise, die vom türkischen Präsidenten Erdogan unter Druck gesetzt wurden, die YPG-YPJ als Terroristen verantwortlich und verhängten ein politisches Embargo gegen die Selbstverwaltungsföderation. Darüber hinaus erhält die türkische Regierung sehr praktische Unterstützung in Form von Rüstungsexporten und Finanzhilfen der Bundesregierung. Selbst nachdem durch öffentlichen Druck die offiziellen Rüstungsexporte reduziert wurden, wird die Kriegsmaschinerie der Türkei weiterhin aktiv durch Rüstungslizenzen in Millionenhöhe und gemeinsame Rüstungsprojekte vor Ort durch Deutschland unterstützt. Eines dieser Geschäfte war der Verkauf des bei der Invasion der Türkei eingesetzten Panzers Leopard II im Kanton Afrin im Jahr 2018 in Rojava. Damit ist die Bundesrepublik Deutschland ein Kriegspartner der Türkei bei ihrer Aggression gegen die Revolution in Rojava, den anderen Teilen Kurdistans und im Kampf gegen die fortschrittlichen und demokratischen Kräfte in der Türkei. Die Türkei wird aber auch von Deutschland und anderen EU-Mitgliedern in ihren eigenen Ländern ideologisch unterstützt. Die BRD verfolgt die hier lebenden kurdischen und türkischen AktivistInnen gemäß §129b (Mitgliedschaft oder Unterstützung einer ausländischen terroristischen Organisation) und unterdrückt aktiv die Unterstützung des kurdischen Freiheitskampfes. So sind beispielsweise zahlreiche InternationalistInnen in und aus Deutschland wegen ihrer aktiven Teilnahme und Unterstützung der Revolution in Rojava zur Zielscheibe der Repression geworden.
Aber so sehr die deutsche Regierung Erdogan und seinen Besatzungskrieg in Rojava und Kurdistan unterstützt, so sehr sind wir als Menschen hier bereit, diese Revolution mit allen notwendigen Mitteln zu unterstützen und den Menschen in der Region zu zeigen, dass sie nicht allein sind. Denn ihre Revolution ist unsere Revolution und hat uns ein historisches Beispiel dafür gegeben, dass eine andere Welt gerechter und freier für alle möglich ist und dass diese Welt durch uns aufgebaut werden kann, wenn wir uns in Solidarität, Genossenschaftlichkeit und Respekt füreinander gemeinsam organisieren. Seit Jahren sind Hunderte von InternationalistInnen, BasisdemokratInnen, KommunistInnen, AnarchistInnen, SozialistInnen bis hin zu MenschenrechtsverteidigerInnen, ÄrztInnen und Intellektuellen nach Rojava in Nordost-Syrien und in andere Teile Kurdistans gereist, um an dieser Revolution teilzunehmen und sie zu verteidigen. Einer dieser mutigen Menschen war der Magdeburger Anton Leschek, der beschloss, dass es sich lohnt zu kämpfen und sein Leben für das zu geben, was richtig und gerecht ist gegen diejenigen, die dem Wunsch nach einem besseren, schönen und freien Leben im Wege stehen. Wie Anton erklärte, als er in Rojava war: “Der Krieg in Rojava und Nordsyrien, bedeutet mir viel, weil die Menschen die hier leben keine Grausamkeit, Sklaverei oder Terror akzeptieren. Ich werde diese demokratische Revolution bis zum Ende unterstützen”.
Am heutigen Todestag von Anton wollen wir mit Ehre und Respekt an ihn und all die anderen InternationalistInnen aus Deutschland erinnern, die ihr Leben im Kampf gegen den Faschismus des Islamischen Staates und der Türkei für Freiheit und Gerechtigkeit gegeben haben: Andrea Wolf, Ivana Hoffmann, Kevin Jochim, Günter Hellstern, Jakob Riemer, Sarah Handelmann, Michael Panser, Konstantin Gedig. Wir versprechen ihnen, dass wir sie nicht vergessen werden, dass wir die Verantwortlichen für ihren Tod zur Rechenschaft ziehen werden und dass wir den von ihnen begonnenen Kampf unermüdlich fortsetzen und die Revolution in jedem Tag unseres Lebens hierher zurückbringen werden.
Stoppt die türkische Invasion in Rojava und Kurdistan!
Stoppt den deutschen Waffenexport in die Türkei!
Lang lebe die Volksrevolution in Rojava und Kurdistan!
Lang lebe der Internationalismus!
Tod dem Faschismus!
Aktionsgruppe “Anton Leschek (Zana Ciwan)”
Warum wir den Wilhelmstädter Platz für die Umbenennung gewählt haben:
Der 2008 auf Initiative des „Bürgerverein für Stadtfeld“ umbenannte Platz soll an den alten Namen Stadtfelds – Wilhemstadt – erinnern. Ab 1892 wurde das Viertel nach dem deutschen Kaiser benannt. Somit soll auch an die nationalistische, militaristische und rassistische Tradition des deutschen Reiches erinnert werden. Wer einen Platz so nennt, feiert Kolonialismus und den Ersten Weltkrieg. Positiv beziehen würden wir uns viel eher auf die Novemberrevolution, welche zum Abdanken des Kaisers und dem Ende des Monarchismus in Deutschland führte, sowie auf die dafür gefallenen ArbeiterInnen und Soldaten.