Redebeitrag zur antifaschistischen Vorabenddemo am 20.01.22 in Magdeburg

Im folgenden veröffentlichen wir zu Dokumentationszwecken unseren Redebeitrag zur antifaschistischen Vorabenddemo, die am 20.01.2022 in Magdeburg-Neustadt stattfand.

 

Magdeburger und Magdeburgerinnen, Genossen und Genossinnen,
wir, das Solidaritätsbündnis Kurdistan Magdeburg begrüßen euch hier heute abend auf der Demo aber auch unsere Weggefährtinnen, deren Plätze wir zur Zeit, frei halten müssen. Wir senden an erster Stelle Grüße an alle politischen Gefangen und Vertriebenen. Wir grüßen Maria, Lina, Ella, Jo, Dy, wir grüßen die Genossinen der kurdischen Freiheitsbewegung in Deutschland. Eure Kämpfe sind auch unsere, Angriffe auf euch sind Angriffe auf uns als Bewegung.
Es tut gut zu sehen dass wir heute zahlreich erschienen sind, um unsere Entschlossenheit und Standfestigkeit für antifaschiste Praxis auf die Straße zu bringen. In Zeiten der Krise, einer Krise des globalen Kapitalismus. Wir sehen in einer Phase der Zuspitzung der weltweiten Probleme, eine destabilisierte Gesellschaft, in der die Reichen noch reicher werden. Währenddessen erfahren wir aktuell jeden Tag härtere Angriffe des Staates auf die Erfolge sozialer Bewegungen, wie beispielsweise beim Arbeitsschutz und gleichzeitig Angriffe auf freie demokratische und revolutionäre Kräfte in der Gesellschaft. 
Deutschlands Regierung erlebte vor kurzem einen vermeintlichen Kurs-und Parteienwechsel, doch in der Realität erleben wir keine Veränderung und keine neuen Konzepte der Regierungsparteien auf niedrigere Reallöhne und Inflation, auf horrende Gaspreise, auf ganzheitliche Lösungen einer Pandemie, Isolation und Vereinzelung, auf Faschismus im Militär, Polizei und andere Behörden. Wir erleben keinen Umschwung deutscher Kriegspolitik, vielmehr nehmen die Angriffe auf die antimilitaristischen Kämpfe in Deutschland zu. Es findet eine bewusste Zuspitzung der bewaffneten Konflikte im Osten Europas an der polnisch-belarusischen Grenze oder der Ostukraine statt. Diese Konflikte werden zum Symbolbild dafür, wie die Heuchelei der westlichen Wertepolitik und ihren hohlen Phrasen dafür sorgt, dass Krieg, Vertreibung und Flucht vorangetrieben werden anstatt für die einfachen Leute Frieden, Arbeit, Freiheitsrechte und Gesundheit zu sichern.
Wenn wir ehrlich sind, haben wir von diesen Regierungsparteien auch nie etwas anderes erwartet. Was wir sehen und jeden Tag zu spüren bekommen, sind Lohnarbeit, Zwangsmaßnahmen, eine katastrophale autoritäre Coronapolitik ohne Sinn und Verstand, Desinformation der Bevölkerung und natürlich Wut überall wo man hinsieht, die Wut wächst. Unsere Wut wächst.
Wir beobachten eine Phase der Zuspitzung des weltweiten Militarismus, der von allen imperialistischen Staaten mitgetragen wird, wenn auch mit unterschiedlichen Zielen, Taktiken und Ausprägungen. Ausgetragen werden die außenpolitischen Spannungen der Großmächte in der jüngeren Vergangenheit vor allem im Krisenherd des nahen und mittleren Ostens, zum Leid der verschiedenen Völker und Kulturen dort vor Ort und der bereits in der Diaspora lebenden Menschen.
Deutschland ist überall dabei, scheiß egal welche Parteien regieren und welche innerdeutschen  Probleme hinzukommen oder verschwinden. Die BRD steht an vorderster Front und deckt seinen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Partnern den Rücken. Sie versorgt sie mit genug Mitteln zum Machterhalt, wie beispielsweise die Türkei mit nagelneuen Panzern und Sturmgewehren. Diese Kontinuität in der deutschen Außenpolitik und explizit den deutsch-türkischen Beziehungen ist Parteiübergreifend zu beobachten, denn in Wirklichkeit beschützen sie, egal welche Partei uns regiert, immer nur die Interessen der Reichen in diesem Land. Auch in der Türkei wird der Krieg, der gegen die kurdische und armenische Bevölkerung und auch explizit gegen Frauen und religiöse Minderheiten geführt wird, von Deutschland auf allen Ebenen unterstützt. Es ist die ekelhafte Doppelmoral der NATO und explizit Deutschlands Druck auf politische Gegner auszuüben und die Moralkeule der europäischen Werte zu schwingen, während im gleichen Atemzug ein offen faschistisches Regime in der Türkei mit Waffen und politischer Unterstützung ausgestattet wird, um Genozide und Feminizide zu begehen, unkommentiert Giftgasangriffe durchzuführen und Zivilistinnen mit Drohnentechnlogie aus der Luft zu ermorden. Die Antwort der Menschen dort ist klar, eindeutig und konsequent. Sie ist heißt Selbstverteidigung.
Was ist mit dem Vordenker der kurdischen Bewegung Reber Apo Abdullah Öcalan, der seid 23 Jahren auf Imrali in Isaltionshaft gefangen gehalten wird. Verschleppt durch einen internationalen Komplott der Staaten der westlichen Welt, steht er repräsentativ für seine Ideen einer freien Welt ohne Unterdrückung und Ausbeutung, eine Idee die zum Kampf eines ganzen Volkes und vieler weiterer Menschen weltweit geworden ist. Gegen all diese Angriffe gibt es aber einen unglaublichen Widerstand der gesellschaftlichen, politischen und bewaffneten Kräfte der kurdischen Freiheitsbewegung, die mit Ihren Ideen und Vorschlägen für einen Frieden in der Region des nahen Osten Millionen von Menschen eine echte, revolutionäre Perspektive geben. 
Die Bewegung ist auch hier in Deutschland und Europa präsent, die Ideen werden breiter diskutiert und geben Menschen im an sich selbst scheiternden und moralisch kaputten Europa eine Perspektive, eine Perspektive aus der Vereinzelung, der Verzweiflung und der Vernichtung von Gesellschaftlichkeit auszubrechen und Gegenmacht aufzubauen. Gerade deshalb wird diese migrantische und antikoloniale Bewegung, ähnlich wie die selbstbestimmte und militante antifaschistische Bewegung in Deutschland stark angegriffen. Weil sie beide eine Gefahr darstellen für die herrschenden Verhältnisse und ein Feuer entfachen, das man nicht mehr löschen kann.
Auch die jüngste Repression gegen die auch in Magdeburg gern gesehene Internationalistin Maria wird die Wurzeln die sie in den Köpfen der Menschen geschlagen hat nicht zum vertrocknen bringen. Wir fühlen Wut und Trauer über ihre Ausweisung aus Deutschland, werden aber gerade jetzt ihre Ideen weitertragen und für Gerechtigkeit und Freiheit kämpfen. 
Im Fall von Maria ist es wichtig zu sehen, dass der Staat die Kriminalisierung der kurdischen Bewegung und der Solidaritätsbewegung, aber auch die Repression gegen politisch aktive Frauen auf ein neues Level hebt.
Die sicherheitspolitischen Entwicklungen in Deutschland, wie zum Beispiel die Verschärfung der Polizeigesetze, die zahlreichen §129 a & b Verfahren¹, die Ausweitung rassistischer Kontrollen und des Überwachungssystems, die Kriminalisierung von linkem, feministischem und migrantischem Aktivismus zeigten in den letzten jahren bereits, dass mit allen Mitteln versucht wird, emanzipatorische und revolutionäre Bewegungen zu unterbinden. Sie sollen bereits in ihrer Entstehung angegriffen, kriminalisiert und verboten werden.Dabei wird nun gegen María versucht ein Präzedenzfall zu schaffen, den es in dieser Form in Deutschland bisher nicht gegeben hat. Zum ersten Mal wird von der BRD eine Ausreiseverfügung  und Aufenthaltsverbot gegen eine EU-Bürgerin mit der Begründung des politischen Aktivismus im Kontext der kurdischen Freiheitsbewegung erlassen. Somit versucht sich der deutsche Staat eine Tür zu öffnen, politisch Aktive ohne deutschen Pass zu kriminalisieren und bei Belieben abzuschieben. 
Die rassistsiche Praxis des Staates stellt auf Grundlage des Verbots der PKK und der Führung der PKK als Terrororganisation gegen alle in Deutschland lebende KurdInneneinen einen Generalverdacht an. Wie schizophren und verlogen kann eine sich demokratisch schimpfende parlamentarische Regierung noch sein?
Dass es diesmal eine Internationalistin trifft überrascht uns nicht zu sehr, auch wenn wir genaustens beobachten müssen mit welchen Mitteln der Staat hier versucht eine Grundlage zu schaffen um zukünftig gegen alle anderen politisch aktiven EU-Bürger:innen in der BRD aufgrund von haltlosen Begründungen vorzugehen.
Am Ende stellt es jedoch einen weiteren Angriff auf die Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung in Deutschland dar, den wir aber durch unsere Haltung und Solidarität abwehren werden.
Während bürgerliche und reaktionäre Kräfte ihr Vertrauen weiterhin bürgerlichen Parteien schenken und auf vereinfachte vermeintliche Lösungen der Populisten hoffen, wissen wir, dass wir uns niemals darauf verlassen können, dass uns bezahlte Berufspolitikerinnen aus der Misere befreien werden.
Es braucht eine neue breit aufgestellte Basis von unten, die sich hinter gemeinsamen Zielen vereinen kann. Eine Bewegung, die für alle Leute in diesem Land und darüber hinaus Ideen formuliert für Freiheit, Selbstbestimmung, antifaschistische Selbstverteidigung, Basisdemokratie, Frieden und Ökologie.
Feuerwehrantifaschismus allein formuliert keine Perspektive für die Lösung der komplexen Probleme unserer Zeit sondern wird ohne Anbindung an eine gesellschaftliche Basis, an soziale Kämpfe, ohne eine Anbindung an die Jugend-,Frauen- und migrantischen Bewegungen sowie an kämpferische Gewerkschaften verpuffen. Es braucht gemeinsame Ziele und Strategien. Wir, als Linke und revolutionäre Kräfte hier zu Lande müssen erkennen, dass wir ohne den Glauben an vorhandene demokratische Werte und die existierenden demokratischen Menschen in der Gesellschaft keine grundlegenden Veränderungen erreichen können. Es bedarf der Zuwendung zu der Gesellschaft und ein Ausbrechen aus der eigenen elitären Blase.
Es bedarf aber auch militantem Antifaschismus, er ist notwendiger denn je. Militanter Antifaschismus schützt uns tatsächlich vor Faschos oder wirft Steine ins Getriebe der Kriegsproduktion. Dass diese Konsequenz unseres politischen Bewusstseins vom Staat gefürchtet und deshalb immer bekämpft werden wird, müssen wir in den gemeinsamen Arbeiten als gesamte Bewegung immer wieder betonen. Lasst uns diese Worte im Gedächtnis behalten und heute unsere Entschlossenheit demonstrieren. Gerade Wir als Antifaschistinnen haben die Pflicht unsere Werte und Ideen einer anderen Welt zu verteidigen. Maria hat das getan und bekam dafür die geballte Kraft des Staates zu spüren. Doch ihr Feuer ist nicht erlischt, es brennt in ihr und uns weiter. In ihrem Namen werden wir heute unsere Wut auf die Straße bringen.
Seien wir laut für alle unterdrückten Völker, Bewegungen, Revolutionäre und von Repression Betroffenen Freunde und Freundinnen. Es gibt keinen Frieden mit und in diesem System. Hier und überall. Friede den Hütten und Krieg den Palästen! Hoch die Internationale Solidarität!
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